OSTERFANTASIE

In blauen Seen spielten Sonnenflammen,
in Wolkenhöhen sang ein Sehnsuchtsblau,
goldene Blicke hielten sich umfangen
im Lächeln der erwachten Frühlingsau.

Die Erde trug ihr schönstes Brautgewände,
so rein wie erster Kindheit Mädchenkleid,
das ihr der Himmelsmutter treue Hände
so fein gesponnen am Webstuhl der Zeit.

Vom Walde stieg ein Morgentau zum Zeichen
auf, wie von Opferglut gewob'nem Licht,
als wollte er die Himmlischen erreichen,
als gäb' es nicht Verwandlung, nicht Gericht.

Da ward der junge Tag getaucht in Grauen,
als wenn ein Fluch zwei Kinder, zaubergleich,
gebannt hätte vom Traum lichtgrüner Auen
hinweg, in seines Todes dunkles Reich.

Ihr Lied, das mit dem Wind so fröhlich tollte
verstummte, als die Nacht plötzlich erschien,
die Erde schwieg, als tiefer Donner grollte,
als hätten Riesen drohend aufgeschrien.

Da sank das Blut der Liebe in die Erde,
als der Vorhang der Nacht so jäh zerstob,
die Nacht sprach: "Stirb!", der Tag: "O, ewig werde!",
als sich die Welt in neuem Glanz erhob.

Und die Geliebten sahen alle Wege,
die ihrer Kindheit Schritt einst spielend fand,
der Dichter stand auf einem Blütenstege,
der Erdennot mit Himmelsglück verband.

Und schöner sang der Garten, den so gerne
Liebe aus seinem Zauberbann befreit',
und leuchtender grüßten die gold'nen Sterne
vom Himmel einer neuen Ewigkeit.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

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